Aufgeben ist keine Option!
Wer bist du, was machst du und warum?
Ich heiße Mareen Eichinger, bin Mutter von zwei Kindern und gerade 36 Jahre alt geworden. Somit bin ich nun der 40 näher als der 30. Was sich auf der einen Seite toll anfühlt, hat mich in den vergangenen Wochen aber auch ab und an nachdenklich gestimmt. War alles richtig bis hier her? Was kommt noch? Und was will ich überhaupt noch erreichen? Einige Frauen kennen das bestimmt. Obwohl meine Oma neulich sagte, „Mein Kind, wenn du 80 bist, sprechen wir uns wieder.“ Nun ja, seit fast 10 Jahren bin ich mit meiner Agentur macheete selbstständig und beinahe fünf Jahre davon als Mompreneur.
Mit der Geburt meiner Kinder Hedi und Jano hat meine Reise als Selbständige noch mehr Fahrt aufgenommen – im Positiven wie im Negativen. macheete ist eine Boutique Agentur und mit unserem Team sitzen wir mitten im Herzen von Berlin. Wir betreuen Kunden aus dem europäischen Raum in Sachen PR, Social Media und digitales Marketing.
In einem Satz: Was ist deine Mission, das Wichtigste, was du für dich & andere bewirken möchtest?
In einem Satz ist das schwer unterzubringen und wer mich kennt, der weiß, dass ich ziemlich gern rede. In erster Linie stehe ich jeden Morgen für mich selbst auf und gehe unglaublich gerne ins Büro. Ich liebe das, was ich tue und habe mich damit selbst verwirklicht.
Natürlich war der Weg auch steinig, aber wer immer nur geradeaus geht und nicht mal die Orientierung verliert, der wird am Ende auch nicht an sein Ziel kommen. Auf meinem Weg war mir immer wichtig, dass ich beruflich etwas mache, wo ich mich selbst als Person wiederfinden kann. Das klingt vielleicht erstmal egoistisch, aber wir Frauen sollten das vor allem beruflich öfter mal sein. Es gibt in Deutschland immer noch viel zu wenig Gründerinnen. Ich bin mir sicher, dass es nicht an kreativen Ideen mangelt. Oft ist es der Mut, der uns Frauen fehlt oder die Angst vor dem Scheitern.
Scheitern ist in unserer Gesellschaft etwas Peinliches. Dabei stecken eine so große Energie und Leistungsfähigkeit in uns Frauen, die dann oftmals von Gefühlen überrannt werden. Und damit möchte ich nicht sagen, dass Gefühle nicht hilfreich sein können. Klar weint man anfangs vielleicht mal in einer unpassenden Situation oder trägt sein Herz zu locker auf der Zunge, aber was ist daran verkehrt? Ich lebe beruflich wie privat seit jeher nach dem Motto: „Lieber bereuen es getan zu haben, als bereuen es nicht getan zu haben.“ Das hat mir meine Mutter mit auf den Weg gegeben und dafür bin ich ihr sehr dankbar. Also, was hält uns jetzt noch auf? Manchmal sollte man einfach alle Zweifel über Bord werfen und loslaufen. Der Weg ist das Ziel.
Kurz und knapp: Meine Mission ist es, andere Frauen zu ermutigen, ihre Träume zu leben.
Was läuft bei dir als Mutter und Unternehmerin anders?
Als Mutter und Unternehmerin hat man ein ziemlich streng organisiertes und durchgeplantes Leben. Denn ohne das geht es gar nicht. Ich muss alles, wofür ich früher auf Arbeit den ganzen Tag Zeit hatte, heute in 5 bis 8 Stunden unterkriegen. Und meistens schaffe ich das auch. Da stellt sich die Frage: Wie effektiv war ich eigentlich früher?
Natürlich gibt es auch aus heutiger Sicht betrachtet lustige Geschichten, wo ich meinen Sohn in den Pausen meines Workshops gestillt habe und mein Mann deswegen die ganze Zeit vor der Tür mit ihm schieben gegangen ist. Das war schon teilweise verrückt. Oder Nächte, wo ich nur zwei Stunden geschlafen habe, weil eines der Kinder krank war und ich dann am nächsten Tag pünktlich beim Kunden auf der Matte stand und mir nichts anmerken ließ, obwohl ich vor Müdigkeit gern umgekippt werde. Aber jede dieser Situationen hat mich einfach nur noch stärker gemacht und mir gezeigt, ich kann alles schaffen.
Wie sieht Erfolg für dich persönlich aus und was ist dein Weg dorthin?
Kommen wir wieder auf das Älterwerden zurück. Früher habe ich Erfolg ganz eindeutig durch Geld definiert. Klar, die Rechnung ist ja auch ganz einfach: Je höher der Gewinn am Ende des Monats, desto erfolgreicher läuft alles. Jede Unternehmerin, die schon ein paar Jahre dabei ist, weiß aber auch, dass so eine Erfolgskurve mal stagniert oder nach unten geht.
Beruflicher Erfolg ist also vergänglich. Persönlich habe ich mich davon verabschiedet, dass ich nur glücklich sein kann, wenn meine Firma läuft. Viel mehr weiß ich seitdem ich Mutter bin, dass das Glück in den kleinen Dingen des Lebens liegt. Um das zu sehen, habe ich meine Kinder gebraucht. Für mich persönlich war das ein wichtiges Learning. Ich bin ein Arbeitstier, ziemlich verbissen und stecke gerne auch sämtliche Energie in meinen Job. Das ist eine Zeit lang total toll, wenn man spürt, was man alles schaffen kann. Aber ist es das wirklich wert? Es gab schon öfter den Punkt, wo mein Körper mir dann gezeigt hat, so kannst du nicht weitermachen. Und dann muss ich mich wieder besinnen, dass nicht meine Firma mich glücklich macht, sondern dass allein ich dafür verantwortlich bin.
Wie ist dein Setup und wie schaffst du es, den alltäglichen MomPreneurs-Wahnsinn irgendwie zu meistern?
Im Moment klappt es ganz gut, alles unter einen Hut zu bekommen. Mit fast 3 und 5 Jahren sind meine Kinder aus dem Gröbsten raus, wie ich es immer so schön sage. Klingt schräg für die einen, aber die schwierigste Zeit für selbstständige Mütter ist wohl die Babyzeit. Obwohl das ja eigentlich die schönste Zeit sein soll. Für mich war es eher eine Zerreißprobe, weil mein Mann bei beiden Kindern je 12 Monate in Elternzeit gegangen ist. Ich habe mich auf der einen Seite als Rabenmutter gefühlt, auf der anderen Seite wollte ich immer zeigen, dass ich beides kann: Kind und Karriere. Ich bin niemand, der Herausforderungen scheut, aber das hat teilweise emotional schon an mir genagt.
Heute sehe ich zwei glückliche Kinder, denen es an nichts fehlt. Alle Sorgen waren also umsonst. Meine Kinder wissen, dass Mama ihre Arbeit liebt und es keine Strafe ist, dort hinzugehen. Ich bin stolz darauf, ihnen dieses Bild in so jungen Jahren schon vermitteln zu können. Arbeit ist etwas Positives, nichts wovor man Angst haben braucht oder worauf man keine Lust hat. Das Schöne an meiner Selbstständigkeit ist aber auch, ich kann mit einem kranken Kind zuhause im Pyjama oder nachts um 1 Uhr arbeiten. Das macht es sehr flexibel und dadurch sogar einfacher als wenn ich irgendwo angestellt wäre.
Welche Top 3 Tipps & Tools bringen dir wirklich Ergebnisse im Business oder erleichtern dir deinen MomPreneurs-Alltag am meisten?
Hilfreiche Tools habe ich nicht im Angebot, aber vielleicht Motivation:
1. Glaub an dich! Wer sagt eigentlich, dass wir Frauen kein Unternehmen leiten können. Wer es schafft eine Familie zu managen, hat die besten Voraussetzungen für alles Weitere. Und sei niemals verlegen, auch mal nach Hilfe zu fragen. Niemand muss alles allein schaffen.
2. Komm nicht vom Weg ab! Immer wenn ich gefragt werde, wie ich das alles geschafft bwz. gemacht habe, dann kann ich nur eine Antwort geben: Ich habe durchgehalten. Auch in schlechten Zeiten war Aufgeben für mich nie eine Option.
3. Du lebst nur einmal! Die Super-Klischee-Antwort, aber letztlich so wahr. Würden wir unseren Kindern nicht auch raten, das zu machen, was sie am meisten wollen oder lieben? Warum nur tun wir es selbst oft nicht? Wir sollten viel öfter auf unser Herz hören als auf unseren Verstand. Was soll passieren?
Wie können wir in unserer Gesellschaft mehr MomPreneurship ermöglichen – welche Rahmenbedingungen braucht es dafür?
Hier sind in erster Linie die Politik, aber oft auch die Väter selbst bzw. Familien gefragt. Dass es noch bessere politische Rahmenbedingungen benötigt, das fängt beim Elterngeld für Selbstständige an und hört bei den Kitaplätzen auf, das ist klar. Dass sich das wohl nicht von heute auf morgen ändern wird, ist leider traurige Gewissheit. Aber warum fangen wir nicht an, innerhalb unserer eigenen Umwelt zu denken? Warum nehmen nicht besonders Väter mehr als nur die obligatorischen 1 bis 2 Monate Elternzeit? Warum bremsen Männer ihre Frauen so oft aus? Das Argument „Ich verdiene ja besser“ zählt hier für mich nicht.
Ich meine, in welchem Land bekommen wir überhaupt 65 bis 100 Prozent dessen, was wir vorher verdient haben, weil wir Eltern geworden sind? Und ich sage das als jemand, der keinen Cent Elterngeld gesehen hat, weil ich selbstständig bin und mein Gewerbe dafür hätte schließen müssen. Wie absurd! Ich denke nur, dass wenn die Rahmenbedingungen nicht für uns geschaffen werden, dann müssen wir sie eben für uns selbst schaffen. Dass das nicht immer bequem ist und Veränderung bedeutet, ist doch klar. Aber wer, wenn nicht ich selbst, kann mein Leben in die Hand nehmen?
Dein wichtigstes Learning als MomPreneur für andere MomPreneurs?
Das ist eine große Frage, auf die es sicher viele Antworten gibt. Mein wichtigstes Learning war wahrscheinlich, dass ich immer meinen ganz eigenen Weg gegangen bin. Egal wie viel Gegenwind ich bekommen habe, wie oft ich auf die Nase gefallen bin oder wie oft ich manchmal selbst nicht an mich geglaubt habe.
Selbstständig zu sein ist anstrengend, mit viel Verantwortung verbunden und kostet oft mehr Kraft als man meint aufbringen zu können. Und wenn dann eines Tages dazu noch Kinder on top kommen, dann erst lernt man, was für eine Superpower in einem steckt. Dann wird es nämlich erst wirklich anstrengend. Und das gilt nun nicht nur für Selbstständige, sondern für alle Mütter, die Berufliches wie Privates unter einen Hut bekommen müssen. Aber letztlich ist es doch so: Aufgeben ist keine Option!