Nennen wir das Ding beim Namen: Lampenfieber ist Stress! Die Nervosität vor einem öffentlichen Auftritt vor Publikum kann einen ganz schön fertig machen.
Wenn dir das auch so geht, bist du jedoch nicht allein damit: die erhöhte Nervosität vor dem Sprechen vor Zuhörern kennen laut verschiedener Umfragen zwischen 70-90% aller Personen.
Unsere normale Reaktion auf Stress können wir grob in 2 Kategorien einteilen: Kampf oder Flucht. Für das Sprechen vor Publikum sind diese Verhaltensweisen leider ungünstig. Sie verhindern, dass du deine Botschaft vermitteln und damit erfolgreich ankommen kannst.
Doch du kannst dem Lampenfieber auf mehreren Ebenen begegnen und bei deinem Auftritt vor Publikum sicherer werden. Schließlich gehört als Mompreneur das öffentliche Sprechen bei der einen oder anderen Gelegenheit dazu: etwa, wenn du dein Unternehmen vor Geldgebern pitchst, deine Expertise durch einen Vortrag vermarktest oder dein neues Produkt publikumswirksam präsentierst.
Ich zeige dir im Folgenden 10 Strategien, wie du in Zukunft sicher, präsent und wirkungsvoll bei deinen Reden, Vorträgen und Präsentationen auftreten kannst. Jeder Ansatz, einzeln angewandt, führt schon zu einer deutlichen Reduktion des Lampenfiebers. Natürlich kannst du die Tipps auch kombinieren, um die positiven Effekte zu verstärken und deinen Auftritt zu befördern.
Manche Strategien drehen sich um das, was du in der Vorbereitung konkret tun kannst. Andere arbeiten damit, wie du dem Lampenfieber mental begegnen kannst. Denn die gesteigerte Nervosität vor dem öffentlichen Sprechen setzt sich aus vielen Ursachen zusammen.
Dadurch kannst du dem Lampenfieber aber auch an den unterschiedlichsten Punkten begegnen. Von Schritt eins bis 10 führt dich jeder Tipp näher an einen präsenten Umgang mit Lampenfieber und einen sicheren Auftritt vor Publikum heran.
1. Gute Vorbereitung ist der Schlüssel
Du weißt, dass dein Auftritt zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt stattfindet. Dadurch kannst du dich gezielt darauf vorbereiten. Die Menschen, vor denen du sprechen wirst, verfügen natürlich alle über Wissen und Urteilskraft. Aber du trittst an, ihnen etwas Wichtiges zu vermitteln: etwas, das sie vielleicht noch nicht wissen oder noch nie aus deiner besonderen Perspektive gesehen haben.
Deswegen sorge dafür, dass du für dein ganz bestimmtes Thema über einen genügend großen Informationsvorsprung vor deinem Publikum verfügst. Gut ist es, darüber hinaus auch zu wissen, warum du redest: versuche, deine Ziele zu definieren, die du mit deinem Auftritt verfolgst. Danach fokussiere dich auf dein Publikum und finde heraus, an welchem Punkt du ihm begegnest: was beschäftigt deine Zuhörer und wo verbinden sich deine Absichten mit ihren?
Danach kannst du beginnen, deinen Vortrag oder deine Präsentation wirkungsvoll zu strukturieren. Finde einen starken Einstieg, der klar macht, worum es im Folgenden geht. Achte auf eine schlüssige Gliederung deiner Gedanken und bereite besonders den Schluss sorgfältig vor: er soll in Erinnerung bleiben und nachwirken.
2. Fertige dir ein klares Stichwortkonzept an, nach dem du frei reden kannst
Beim Reden vor Publikum geht es darum, mit den Leuten vor dir in Kontakt zu kommen. Das geht am besten, wenn du so klingst, wie du auch normalerweise sprichst. Dazu gehören natürlich auch Denkpausen oder Variationen im Tempo. Schließlich ist auch das Sprechen vor mehreren Zuhörern eine dialogische Situation: und da möchtest du sicher als so charmant, offen und präsent wahrgenommen werden, wie du bist.
Fertige dir deswegen einen Stichwortzettel an, nach dem du gut und spontan sprechen kannst. Achte dabei auf Übersichtlichkeit und formuliere nur das aus, was du wirklich wortwörtlich vortragen willst, wie wichtige Zitate oder den Einstieg.
Ein guter Stichwortzettel gibt dir auf der einen Seite Sicherheit und schafft Struktur. Auf der anderen Seite bleibst du damit flexibel, da auch Exkurse oder Verkürzungen möglich sind – anders, als bei einer abgelesenen Rede.
Besonders bewährt für Stichwortzettel haben sich übrigens weiße Blanko-Karteikarten im Format A5. Sie erlauben noch eine lebendige Gestik und verknittern oder knistern nicht. Und du kannst jeden neuen Gedanken auf eine weitere Karte schreiben: damit bewahrst du die Übersicht.
3. Gönn dir eine Probe im sicheren Rahmen
Jetzt hast du deinen Vortrag inhaltlich vorbereitet und in einer Form fixiert, die dich unterstützt. Bevor du damit vors Publikum trittst, gönn dir selbst noch einen wichtigen Zwischenschritt, der direkt auf dein „Sicherheits-Konto“ einzahlt: probe deine Präsentation oder Rede.
Oft sind nämlich gerade das Verdrängen der Auftrittssituation oder die Haltung „irgendwie wird’s schon gehen“ der Grund, warum das Lampenfieber dann direkt davor zuschlägt. Durchs aktive Machen kannst du die Wirkung deines Vortrags austesten und probierst aus, wie du deine Stimme und Körpersprache optimal einsetzen kannst.
Wenn du das Vorbereitete laut und in angemessenem Tempo sprichst, erfährst du viel darüber, wie lange deine Präsentation tatsächlich dauert. Hier ist das laute Aussprechen von Bedeutung: dadurch verschaffst du deinen Worten Raum und kannst sie wirkungsvoll in Schwingung versetzen.
4. Such dir eine vertraute Person als Test-Publikum
Bitte jemanden, dem du vertraust und vor dem du dich sicher fühlst, dir zuzuhören. So kannst du auch gleich probieren, wie es sich anfühlt, jemanden direkt anzusprechen. Selbst eine vertraute Person ist schon ein Publikum: sie wird deine Wahrnehmung dir selbst gegenüber und deinen Inhalten steigern. In dem Moment, in dem dir jemand in dieser Probe-Situation gegenüber sitzt, sprichst du für jemanden.
Wenn du möchtest, bitte danach deine zuhörende Person um eine Rückmeldung. Dabei sollte es jedoch nicht um Wertungen gehen, sondern um möglichst präzise und konkrete Beschreibungen. Dieses Feedback kann dir dabei helfen, deine Performance noch weiter zu verbessern.
Nach so einer Probe trittst du vor dein Publikum mit der Sicherheit, dass du es „schon mal gemacht“ hast. Du kennst deine Rede jetzt nicht nur inhaltlich, sondern weißt auch, wie es sich anfühlt, sie zu sprechen und mit deiner eigenen Körpersprache zu unterstützen.
5. Akzeptiere, dass Lampenfieber dazugehört
Du hast dich jetzt wunderbar vorbereitet: du weißt, warum du was erzählen willst und hast deinen Vortrag in allen Facetten kennen gelernt. Und trotzdem schleicht sich das Lampenfieber mit jeder weiteren Minute hin zum Auftritt näher an dich heran. Dein ganzer Organismus fängt an, „Alarmstufe rot“ zu funken. Was nun?
Vergegenwärtige dir noch mal, dass Lampenfieber ein ganz normaler Teil des Prozesses ist. Es betrifft alle Menschen, die vor Publikum reden und sich nicht komplett kritiklos gegenüber stehen. Es gehört in gewissem Sinne dazu. Es ist dir verdammt wichtig, was du tust und wie du ankommst: das Lampenfieber sagt dir mit jedem pochenden Herzschlag: „Gib dein Bestes.“
Es will dich davor schützen, in Routine abzugleiten oder zu unterspannt an die Sache ranzugehen. Aus dieser Perspektive ist Lampenfieber ein gutes Zeichen: es trägt dazu bei, dass du hellwach und aktiviert bist. Versuche zu akzeptieren, dass es da ist und dass es Teil des Ganzen ist. Dadurch verringert es sich sofort.
6. Werde zur Beobachterin deines Lampenfiebers – und atme
Auf die körperlichen Folgen des Lampenfiebers haben wir keinen direkten Einfluss. Die Hände schwitzen, das Herz pocht und die Knie werden weich. Dazu schießen die Stress-Hormone durch den Körper und die Gedanken drehen sich im Kreis. Je näher der Auftritt rückt, desto mehr verstärken sich die Symptome.
Wenn das passiert, versuche, innerlich einen Schritt zurück zu treten. Wir haben immer eine Wahl: wir müssen nicht auf jede neue Stress-Spirale aufspringen und uns von ihr mitnehmen lassen. Geh liebevoll mit dir selbst um und mach dich durch Druck und Selbstbewertungen nicht noch mehr fertig.
Schau dir vielmehr ohne Wertungen an, was gerade innerlich passiert: ja, da ist Nervosität, da ist Anspannung. Wie fühlt sich das an? Versuche, der Situation bewusst zu begegnen und setze deine Atmung dabei als Anker ein: einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen. Ganz bewusst und in kleinen Schritten. Achtsamkeit kann den Umgang mit Lampenfieber enorm erleichtern.
Zusätzlich hilft ein ganz bewusster Umgang mit deiner Atmung dabei, die Spannung zu regulieren. Den Atem fließt wieder durch den ganzen Körper und das hat einen positiven Effekt auf deine Stimme und Sprechleistung.
7. Vergegenwärtige dir noch mal, wofür du antrittst
Die hohe Anspannung vor einem Auftritt lässt oft die Wahrnehmung auf die reinen „Überlebens-Mechanismen“ zusammenschnurren: das sind die eingangs erwähnten Kampf- und Fluchtreaktion. Dem Körper ist es ja egal, ob er vor einem Tiger flüchten muss oder sich einem unbekannten und deswegen angsteinflößenden Publikum gegenüber sieht.
Vor einer so exponierten Situation kann sich die Neigung zur Selbstkritik verstärken: plötzlich sind da innere Stimmen, die dir zuraunen: „Lass das! Das schaffst du nicht!“ Begegne solchen inneren Stimmen achtsam und höre ihnen zu: du musst ihnen aber keinen Glauben schenken. Versuch vielmehr, dir noch einmal genau in Erinnerung zu rufen, warum du gleich auftrittst.
Worum geht es heute? Was willst du damit erreichen? Warum ist es wichtig, dass dein Publikum deine Botschaft hört? Halte deine Gründe und Ziele sanft in deinem Bewusstsein: so entwickelst du eine starke und präsente Haltung, die dir Kraft gibt, dem Lampenfieber zu begegnen.
8. Auftreten – ankommen – ausatmen – anfangen
Egal, ob du aus einer kleinen Gruppe heraus aufstehst und nach vorne gehst – oder ob du von der Hinterbühne aus ins Scheinwerferlicht trittst: das ist ein Auftritt. Der kurze oder lange Gang vor dein Publikum.
Nimm dir für deinen Auftritt Zeit und begegne ihm bewusst. Das ist noch mal ein Moment, alle Kräfte für das zu bündeln, was gleich kommt. Und wenn du vorne bist, gib dir einen Augenblick, um anzukommen.
Fang nicht schon mit den letzten Schritten zu reden an. Du bestimmst jetzt die Zeit und hast die Fäden in der Hand. Fokussiere dich. Bevor du anfängst zu reden, atme noch einmal aus. Jetzt bist du wirklich da draußen, vor deinem Publikum. Dann atme achtsam ein – und sag deinen ersten Satz.
9. Bau bewusst Blickkontakt auf
Es kann herausfordernd sein, sich allein vielen Menschen gegenüber zu sehen, wie es bei einer öffentlichen Rede-Situation der Fall ist. Leider nimmt Blickkontakt bei großer Verunsicherung oder Konzentration auf eine bestimmte Aufgabe immer mehr ab.
Dabei ist gerade Blickkontakt besonders wichtig, um einen positiven Kontakt zum Publikum herzustellen und aufrecht zu halten. So kannst du die Reaktionen der Hörer einschätzen und das eigene Sprechen intensivieren.
Such dir aus deinem Publikum ein paar freundliche, zugewandte Menschen – und sprich mit ihnen. Auch bei einer größeren Zuschauermenge ist Blickkontakt eine Kontaktaufnahme zwischen zwei Partnern. Achte auf wechselnden, aber intensiven Blickkontakt mit mehreren Zuhörern.
Indem du zwischen ihnen wechselst, berühren deine Blicke auch die übrigen Zuschauer – und langsam wirst du deine Kontakte mit den verschiedenen Menschen dir gegenüber immer mehr erweitern können.
10. Vertraue auf den Gewöhnungseffekt
Wenn du erst einmal angefangen hast, wird es mit jedem weiteren Satz einfacher werden. Garantiert. Dein Körper gewöhnt sich nämlich an die unangenehme Situation da vorne. Damit lässt die Angst nach und die Stresshormone gehen zurück.
Oft kommt es dann zu einem „turning point“: das Sprechen in der Öffentlichkeit fängt an, richtig Spaß zu machen! Auf diesen Gewöhnungseffekt kannst du bauen. Lampenfieber ist vor allem etwas, das vor einem Auftritt und in der Anfangsphase virulent ist. Je länger du sprichst, je weiter zu kommst – desto sicherer und überzeugender wirst du. Deswegen: geh voll Vertrauen da raus und mach dein Ding!
Zur Autorin
Beatrix Schwarzbach ist Mutter eines Sohnes (3). Nach ihrem Regie-Studium hat sie am Theater gearbeitet und „Mündliche Kommunikation und Rhetorik“ studiert. Sie ist geprüfte Sprecherzieherin (DGSS).
Es ist ihr Ziel, dass gute Ideen und spannende Gedanken den Weg in die Welt finden. Deswegen unterstützt sie Menschen dabei, bei Vorträgen und Präsentationen das Beste von sich auf der Bühne zu zeigen und öffentlich engagiert zu reden.
In ihren Trainings begleitet sie Klienten auf dem individuellen Weg zum Auftritt: von der Planung einer Rede übers Proben zum Performen. Mehr findest du auf ihrer Website.