Mut zur Spezialisierung – Von Selbstzweifeln, Bauchgefühl und dem Mut, ich selbst zu sein.

MomPreneurs-Meetup-Berlin

Als ich mich im Dezember 2017 selbständig machte, war ich voller Euphorie und Tatendrang. Und vor allem: Mächtig stolz! Ich war nun meine eigene Chefin! Genial! Ausgerechnet ICH, die ich doch zuvor immer felsenfest behauptet hatte, dass ich definitiv nicht der Typ für die Selbständigkeit bin. Fast 15 Jahre lang hatte ich im Bereich Marketing und Existenzgründungsberatung gearbeitet und hätte ja nun wirklich das Handwerkszeug dazu gehabt, aber doch niemals den Mut und auch keinen Anlass. Dachte ich. Bis meine Stelle durch Umstrukturierungen gestrichen wurde. Im ersten Moment ein Schock! Als Mutter eines „besonderen“ Kindes brauchte ich eine berufliche Zukunft mit maximaler Flexibilität. Welcher Arbeitgeber würde mir das denn – als Teilzeitkraft und vor allem als Neueinsteigerin – gewährleisten? Die Antwort konnte ich mir selbst geben. Und so erfolgte innerhalb kürzester Zeit ein Sinneswandel in mir, und ich wusste, wo die Reise hingeht: In die Selbständigkeit! Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich allerdings noch nicht, wie aufregend diese Reise werden würde und wohin sie mich am Ende führt.

Etwas mehr Selbstbewusstsein bitte. Und mehr Geduld. Und mehr Kunden.

Existenzgründungsberatung konnte ich im Schlaf, das Texten war meine große Leidenschaft. Also warum nicht beides miteinander kombinieren und durchstarten? Ich kannte meine Stärken und war hochmotiviert. Innerhalb weniger Wochen waren alle Vorbereitungen getroffen und es konnte losgehen. Natürlich wusste ich aus meiner Zeit als Gründungsberaterin, dass es viel Zeit und Geduld braucht, bis das Geschäft richtig läuft – in der Regel etwa zwei bis drei Jahre. Soweit die Theorie. In der Praxis hieß das: Ich war extrem ungeduldig. Mir fehlten Reputation und erste Referenzen. Zwar hatte ich bereits erste Aufträge, aber die Zukunft war doch ungewiss. Da ich nicht gerade vor Selbstbewusstsein strotzte, spürte ich mit jeder Woche, die ohne neue Kundenanfrage verging, eine wachsende Unsicherheit. Mein anfänglicher Optimismus bekam einen herben Dämpfer. Würde ich es wirklich schaffen? Würde ich wirklich erfolgreich sein? Es kamen erste Zweifel… Umso mehr stürzte ich mich voller Eifer und Tatendrang in die Arbeit und nutzte jede freie Minute, um zu planen und zu akquirieren, den Markt noch intensiver zu erkunden und neue spannende Geschäftskontakte zu knüpfen.

Das „Konkurrenz-Gespenst“ – von Berührungsängsten und Inspiration

Dabei traf ich auf das Profil einer ehemaligen Schulkollegin. Auch sie war mittlerweile junge Mutter und als freie Texterin tätig. Welcher Zufall! Und noch besser: Sie wohnte seit wenigen Monaten im Nachbarort. Neben der ersten Überraschung und Freude kam gleich auch eine unterschwellige Angst in mir auf. Wir zwei – so nah beieinander – quasi die direkte Konkurrenz… Konnte das gutgehen? Aber ich wollte sie gerne wiedertreffen… Es dauerte auch nicht lange, bis wir bei einem gemeinsamen Milchkaffee zusammensaßen. Wie spannend! Ich erkannte, dass dieser gegenseitige Austausch unheimlich wertvoll sein konnte. Wenn doch nicht immer dieses unterschwellige Bauchgrummeln wäre… Ich ahnte, woher es kam. Es war meine Angst vor der Konkurrenz. Oder besser gesagt: Mein fehlendes Selbstwertgefühl. Ich ertappte mich selbst dabei, wie ich mich plötzlich kleinredete, wie ich immer unsicherer wurde. Zum Glück war der Wunsch, mich mit einer Gleichgesinnten hin und wieder austauschen zu können, stärker. Als Texterinnen konnten wir schließlich gegenseitig viel voneinander lernen. Abgesehen davon hatten wir ja doch recht unterschiedliche Profile. Jede hatte ihre eigenen besonderen Stärken und Schwerpunktthemen.

Wenig später lernten wir auf einer Gründerveranstaltung eine weitere Texterin aus der Region kennen und kamen ins Gespräch. Wir tauschten Visitenkarten aus, und wenige Wochen später saßen wir gemeinsam mit einer weiteren Texter-Kollegin in einem Café. Unser erstes „richtiges“ Texterinnen-Treffen. Auch wenn ich immer noch leichte Berührungsängste hatte: Ich fand diesen Austausch so spannend und inspirierend – einfach unglaublich wertvoll. Wir hatten so viele Themen zu diskutieren und Fragen zu klären. Von rein organisatorischen Dingen als Working Mom über fachliche Themen unserer Branche bis hin zum Thema Kundenakquise oder Abrechnungsmodalitäten. Jede von uns konnte tolle Tipps von den anderen mit nach Hause nehmen. Und: Das gemeinsame Gespräch tat einfach gut – so außerhalb des Home-Office.

Noch vor wenigen Monaten hätte ich im Traum nicht daran geglaubt, mit der Konkurrenz an einem Tisch zu sitzen. Warum eigentlich? Woher kommt diese allgemeine Angst vor der Konkurrenz? Wovor genau haben wir Angst?

Ist es die Angst…

… vor der Kompetenz der anderen?

… davor, wertvolle Informationen preiszugeben, die sich die anderen zunutze machen könnten?

… davor, einen Kunden oder Auftrag weggeschnappt zu bekommen?

Oder liegt diese Angst vielleicht in uns selbst begründet? Bin ich mir meiner eigenen Stärken nicht bewusst und fühle mich in Anwesenheit der anderen klein und wertlos?

Mit Sicherheit spielen alle diese Faktoren eine Rolle. Vermutlich ist es auch ganz einfach die Tatsache, dass wir es so gewohnt sind: Immer schön Abstand halten von der Konkurrenz. Aus meiner Vergangenheit kannte ich das Gerangel und die Ellbogenmentalität in vielen Branchen und war nun völlig beeindruckt von dieser neuen und offenen Welt. Es geht eben auch anders!

Mut zur Spezialisierung

Das Beste aber war: Dieser enge Kontakt zu anderen Texterinnen war auch der Anstoß für meine eigene Spezialisierung. Bei meinen Kolleginnen konnte ich gewisse Spezialgebiete und Stärken erkennen. Sie waren schon deutlich länger selbständig, hatten feste Kunden und waren scheinbar gut ausgebucht. Jede hatte so ihren speziellen Aufgabenbereich, ihre eigene Nische. Nur bei mir fühlte es sich nicht stimmig an. Mein Profil war nicht scharf genug. Ich fühlte mich plötzlich völlig unscheinbar und austauschbar. Zum Glück. Das war der Moment, in dem ich mich selbst gespiegelt bekam. Ich erkannte, dass ich etwas ändern musste, um erfolgreicher zu sein.

Gemeinsam mit meiner Mentorin, die ich kurz zuvor durch Zufall über Xing kennengelernt hatte, entwickelte ich meinen Weg, mein Profil. Ich stellte mir die Frage:

… Wie sieht mein Wunschkunde – oder besser gesagt: meine Wunschkundin – aus? Ganz konkret? [Wo wohnt sie? Was macht sie? Wie alt ist sie? Welche Probleme hat sie, die ich lösen kann?]

… Wie kann ich meine Wunschkundin charakterisieren? [Welche Charakterzüge hat sie? Was ist ihr in der Zusammenarbeit wichtig? Usw.]

… Welche Leistungen möchte ich Ihr anbieten? Was macht mir am meisten Spaß?

… Was tue ich konkret für sie? Wie stelle ich mir meinen Traumarbeitstag vor?

… Wie sieht mein Traumprojekt aus? Welche Bilder habe ich dabei im Kopf?

Ich begann also, mein Portfolio intensiv zu überarbeiten und mich deutlich stärker zu spezialisieren. Dabei ließ ich meinem Bauchgefühl und meinen Träumen noch einmal viel mehr Raum als in der Vergangenheit. Fernab von allen betriebswirtschaftlichen Grundlagen und meinem eigenen Gründerwissen durfte jetzt mein Herz sprechen. Es war die beste Entscheidung! Denn relativ schnell hatte ich klare Bilder vor Augen und ein Gefühl für die Sache. Während mein Kopf noch dabei war, strategisch zu planen und zu durchdenken, wusste mein Bauch schon, wo die Reise hingeht. Plötzlich war dieser Begriff da. Herzenstexte. Das ist mein Ding. Mein Weg. Plötzlich fühlte sich alles leichter an. Authentischer. Einfach besser. Ich muss zugeben: Es hat mich ein wenig Mut gekostet, diese neue Positionierung. Diese starke Fokussierung. Aber heute weiß ich, dass es der richtige Weg war. Denn jetzt tue ich das, was ich kann und was ich liebe. Jetzt bin ich Expertin auf meinem Gebiet. Von Herzen. Und meine Texter-Kolleginnen und -Kollegen haben alle ihre eigenen Profile. Jede und jeder ganz speziell und für sich klar definiert. So kommen wir uns auch nicht wirklich in die Quere. Ein wunderbares Gefühl.

Von der Konkurrenz zum Spezialisten-Netzwerk

Mittlerweile finden unsere Treffen regelmäßig alle vier Wochen statt – und die Runde ist größer geworden. Im engen Austausch über vorher festgelegte Themen lernen wir ständig Neues dazu. Und da wir alle erkannt haben, wie wertvoll dieses Netzwerk ist, gehen wir nun einen weiteren Schritt. Wir schaffen auch nach außen – für den Kunden sichtbar – ein Netzwerk aus Spezialisten.

Die Vorteile für die Kundinnen und Kunden:

  • Geballte Kompetenz mit verschiedenen Schwerpunktthemen
  • Breites Leistungsspektrum – für jeden Bereich gibt es einen Spezialisten/eine Spezialistin
  • Alle Angebote auf einen Blick – der Kunde kann sich das passende heraussuchen
  • Zuverlässigkeit – wenn ein Ansprechpartner ausfällt, gibt es immer eine Vertretung

Die Vorteile für uns:

  • Immer up-to-date durch regelmäßigen, intensiven Austausch
  • Bessere Sichtbarkeit nach außen – Vermarktungsaspekt
  • Unterstützung im Krankheitsfall oder in Urlaubszeiten

Noch vor zwei Jahren hätte ich im Traum nicht daran geglaubt, dass ich einmal mit einer so starken Positionierung und so vielen guten Kolleginnen und Kollegen innerhalb eines Netzwerks arbeiten würde. Und ich freue mich darauf! Es erweitert den eigenen Horizont, es schafft völlig neue Möglichkeiten, und wir können uns gegenseitig wunderbar unterstützen.

Was ich aus dieser Erfahrung gelernt habe und was ich Dir ans Herz legen möchte:

Spezialisierung – Mach’ DEIN Ding!

Sei mutig und konzentriere Dich auf eine bestimmte Leistung, ein bestimmtes Produkt, einen bestimmten Service, eine ganz bestimmte Zielgruppe. Fokussiere Dich dabei – werde zur Expertin auf DEINEM Gebiet!
Stell Dir die Frage: Was kann ich besonders gut? Was liebe ich? Wo fühle ich mich sicher? Wofür brenne ich?

Networking mit Gleichgesinnten – keine Angst vor der Konkurrenz!

Tu’ Dich mit Gleichgesinnten zusammen! Lernt voneinander – werdet einander wertvoll! Du wirst einen neuen Blick auf die Dinge bekommen. Übrigens: Auch gegenseitige, ehrliche und konstruktive Kritik kann durchaus hilfreich sein.

Nutze die Unterstützung durch einen Coach bzw. Mentor

Wenn es Dir schwerfällt, Dein Alleinstellungsmerkmal, Deine Spezialisierung, Deinen Weg zu finden, hol´ Dir professionelle Unterstützung. Vielleicht hast Du bereits einen Coach oder Du fragst in Deinem Umfeld nach Empfehlungen. Der neutrale Blick von außen kann manchmal Wunder bewirken.

Hör’ auf Dein Bauchgefühl!

Wenn Du unsicher oder unentschieden bist – höre in Dich hinein. Was sagt Dein Bauchgefühl? Auch wenn Du es nicht ganz zuordnen kannst, was die Ursache für ein bestimmtes Gefühl ist – höre darauf, ob es sich gut anfühlt oder eben nicht. Nimm dieses Gefühl ernst.

Schau auf die Zahlen!

Am Ende gilt natürlich für jede Spezialisierung und für jedes Herzensprojekt: Es muss sich rechnen! Schließlich sind wir alle Mompreneurs und wollen mit unserem Unternehmen auch Geld verdienen. Aber auch hier kannst Du mit Kreativität und frischen Ideen (natürlich auch im Austausch mit Gleichgesinnten, anderen Mompreneurs oder einem Coach) schauen, wie Du Dein Traumprojekt auch rentabel machst.

Ich wünsche Dir viel Erfolg und viel Freude dabei!

 

Zur Autorin

Stefanie_VeyStefanie Vey ist 39 Jahre alt, verheiratet und Mutter eines fünfjährigen Sohnes. Sie hat Betriebswirtschaftslehre studiert und 15 Jahre im Bereich Existenzgründungsberatung, Marketing und PR gearbeitet. Heute lebt sie ihren Traum – als freie Texterin für Herzenstexte. Außerdem schreibt sie in ihrem Blog www.liebenswert-anders.de über das Leben mit einem „besonderen“ Kind.

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